Wie unsere Schule zu ihrem Namen kam

-Eine Zeitreise-

Wir beginnen mit einer Zeitreise. Unsere Zeitmaschine führt zunächst 165 Jahre zurück, wir landen genau am 10. Juli 1855 in der Salmünsterer Frankfurter Straße- das ist nicht weit von unserer Schule entfernt, gegenüber der katholischen Kirche.

Hier erblickt Heinrich Harnischfeger das Licht der Welt.

Er ist das 3. Kind von Konstantin und Christine Harnischfeger.

Sein Bruder Johann ist drei Jahre älter, seine Schwester Marie zwei Jahre alt. Die Familie besitzt eine kleine Gerberei, das ist ein Handwerksbetrieb, der Leder herstellt und bearbeitet.

Die Familie ist arm.

Heinrich besucht die örtliche Klosterschule, die er mit 13 Jahren verlässt, um dann in Bad Orb eine Schlosserlehre zu beginnen.

In Fulda kann er seine erste Arbeitsstelle als Schlosser antreten und trifft hier auf Mitschüler, die den Entschluss gefasst hatten, in die USA auszuwandern.

Zu dieser Zeit stirbt seine Mutter, sein Vater gibt ihm die Erlaubnis nach Amerika zu gehen. Heinrich ist erst 16 Jahre alt, als er am 23. März 1872 alleine die Reise in ein neues Land antritt.

Bereits einige Jahre zuvor war sein Cousin Michael Habig in die USA ausgewandert, der ihn hier empfängt und ihm Unterkunft gibt.

Heinrich Harnischfeger ist einer von insgesamt 5,5 Millionen Deutschen, die damals in die USA auswandern. Es entstehen deutsche Dörfer und Ansiedelungen, in denen Verwandte und Freunde den neu Ankommenden Orientierung, Sprachunterricht und Arbeitsmöglichkeiten anbieten.  

Heinrich wird sich von nun an mit Henry anreden lassen, da es für die Amerikaner leichter auszusprechen ist und er dazugehören möchte.

Henry wird im Verlauf der Zeit in den USA Unternehmer mehrerer Firmen, am Ende einer Firma mit 1500 Mitarbeitern, die Kräne, Bagger und Baumaschinen herstellen. Er ist – wie man auch sagen könnte- in den USA „vom Tellerwäscher zum Millionär“ geworden- mit ganz viel Fleiß, neuen Ideen und Leistungsbereitschaft.

Seine Heimat wird er nie vergessen.

Die Zeitreise wird fortgesetzt; wir landen wieder in Deutschland in den späten 1920er Jahren. Es sind schwierige Jahre mit 4,4 Millionen Arbeitslosen.

Henry unterstützt bereits viele arme Salmünsterer Familien finanziell, Henry spendet Geld für die Ausstattung des Krankenhausen und spendet die Kirchturmglocke der katholischen Kirche.

 

Die Schulsituation in Salmünster ist nicht gut: Es fehlt an Platz und warmen Gebäuden. Es gibt eine katholische, eine evangelische und eine jüdische Schule. Die Kinder werden nach ihrer Religionszugehörigkeit getrennt voneinander unterrichtet.

In der Nachbarschaft wurden bereits neue Schulen gebaut: Aufenau und Bad Orb bekamen schon 1910 große Schulgebäude. Und nun – es ist das Jahr 1928- hat Bad Soden ebenfalls eine neue Schule bekommen. In Salmünster tat sich hingegen nichts.

Henry, dem die schulische Bildung und Ausbildung junger Menschen immer am Herzen lag, entschied sich, zu helfen:

Der Bürgermeister von Salmünster erhält in den Monaten des Jahres 1929 die Ankündigung einer großen Spende durch Henry Harnischfeger.

Dies veranlasst den Bürgermeister von Salmünster im Dezember 1929 die Planung einer neuen Schule in Auftrag zu geben.

Henrys Wille ist es, „dass eine Schule für alle Bürgerinnen und Bürger entsteht, die allen Religionen in gleicher Weise zugänglich sein soll, dass also keine Konfession (Religion) in irgendeiner Weise bevorzugt werden wird, und dass die Benutzung der Einrichtungen der Schule allen Bürgern in gleicher Weise zugänglich gemacht werden soll, ohne jede Rücksicht auf Konfession (Religion).“

Nach dem Eingang der 1. Spende von 25.000 Dollar wird ein Architekt beauftragt. Bereits 8 Monate später kann der Grundstein gelegt werden.

In Anwesenheit des Ehrenbürgers Henry Harnischfeger, der – wie damals nur möglich- mit einem Schiff über den Atlantik nach Europa reiste, findet am Dienstag, dem 15. Juli 1930 eine Feierstunde statt.

Henry spricht zu den Bürgerinnen und Bürgern Salmünsters: „Ein Schulhaus ist das wichtigste Gebäude der Stadt. Ich hoffe, dass in diesem Schulhaus, zu welchem wir heute den Grundstein gelegt haben, manches Samenkorn aufgeht, welches große Früchte trägt. Dass aus Schülern, welche hier die erste Grundlage in der Ausbildung ihres Geistes erhalten, bedeutende Menschen werden.

Die Feier beginnt mit der kirchlichen Feier um 8.30 Uhr in der Pfarrkirche und endet mit einer Prozession zum neuen Sportplatz. Auf dem Sportplatz werden „Würstchen mit Wecken“ an die Kinder verteilt.

Die 2. Spende in Höhe von ebenfalls 25.000 Dollar garantiert den zügigen Weiterbau der Schule. Umgerechnet waren das 212.000 Reichsmark, das finanzielle Fundament des Projekts.

Die Staatsregierung beteiligt sich nach langem Bitten und Betteln des Salmünsterer Bürgermeisters mit einem Drittel der Baukosten, das sind 73.000 Reichsmark.

Der Bürgermeister bedankt sich bei Henry mit den Worten: „Eine Schule soll es sein, die Pforte, die die Kinder Ihrer Vaterstadt zu guten Menschen und Staatsbürgern erzieht.“

Das neue Schulgebäude kann Henry Harnischfeger jedoch leider nicht mehr erleben: Genau 4 Monate nach der Grundsteinlegung stirbt er am 15.11.1930 in Milwaukee am Herzinfarkt.

Die Zeitmaschine landet nun am 6. Dezember 1931.  Das ist genau heute vor 90 Jahren.

Durch die großzügige Spende ist jetzt ein modernes, mit allen hygienischen Einrichtungen, wie Bäder und Duschen ausgestattetes Gebäude entstanden: 8 Klassenräume, 1 Zeichensaal, 1 Lehrer-und Lehrmittelraum, 1 Küche, eine Hausmeisterwohnung und 1 Sport- und Turnhalle (heute Aula).

Eine große Schule war es für die damalige Zeit. Eine Schule für ca. 200 Schulkinder und Jugendliche, die zu der damaligen Zeit mit den Gesamtkosten von 285.000 Reichsmark unglaublich teuer war.

Am Nikolaustag, es ist der 6. Dezember 1931, findet ohne den verstorbenen Namensstifter die Einweihung des Neubaus statt. Sie beginnt morgens um 8.30 Uhr mit einem feierlichen Gottesdienst in der katholischen Kirche und wird mit einer Prozession durch den Ort anschließend in der Turnhalle (heute Aula) fortgeführt. Der Architekt übergibt dem Bürgermeister den Schlüssel der Schule und die Pfarrer weihen das Schulgebäude ein.

Bürgermeister Blum begrüßt hier die versammelte Schulgemeinde und verliest eine Botschaft von Henrys Sohn, Walter Harnischfeger.

In den Ansprachen wird betont, wie außergewöhnlich dieser Bau zustande kam, gerade auch in Zeiten wie dieser mit mittlerweile fast 6 Millionen Arbeitslosen. Der Name der Schule soll nicht ein bloßer Name sein, sondern ein „leuchtendes Vorbild“ für ganz Deutschland. Die Schule sei ein Weihnachtsgeschenk der besonderen Art, eine „Pforte für eine bessere Zukunft“. Am Nachmittag startet dann die „Stunde des Kindes“, als der Nikolaus um 15.30 Uhr in die Aula kommt und kleine Geschenke verteilt. Kinder singen Weihnachtslieder, bevor sie die neue Schule beziehen.